Damit meine ich auf keinen Fall das Kreuz, was zur Zeit nicht nur Schottland, sondern die ganze Welt zu tragen hat. Ich meine vielmehr das berühmte Sankt Andreas Kreuz, welches aus unerfindlichem Grund nicht nur Bahnübergänge schmückt, sondern u.a. auch die schottische Nationalflagge.
Andreas war der Bruder von Simon Petrus und stammte aus einem Dorf am See Genezareth. War er anfangs ein Jünger von Johannes dem Täufer, so folgte er kurze Zeit später Jesu Christi nach und wurde einer der zwölf Apostel, die auch im Abendmahl von Leonardo da Vinci im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand zu bewundern sind. Zu Zeiten Neros wurde er von einem römischen Statthalter im griechischen Patras zum Tode am Kreuz verurteilt. Welchem Gedanken auch immer der Umstand geschuldet ist, weiß niemand, aber das Kreuz seines Martyriums bestand aus zwei sich schräg kreuzenden Balken. Von hier predigte Andreas noch zwei Tage lang, bevor er verschied. Seine Gebeine werden noch heute weltweit als Reliquie verehrt und wurden, wenn auch in Teilen, nach Konstantinopel, Rom und im 8. Jahrhundert auch nach Schottland gebracht.
Für die Katholiken in einer kleinen Stadt an Schottlands Ostküste war dies ein Geschenk des Himmels, zog die Gegenwart der Gebeine des heiligen Andreas doch wahre Pilgerscharen an und verhalf so den Einwohnern zu einem Minimum an Auskommen und Wohlstand. Die St. Andrews Priory sowie die etwas später gebaute St. Rules Church waren schnell zu klein, so dass der Bischof den Bau einer Kathedrale beschloss, um den Schrein mit den Reliquien aufzunehmen. Dieser Kathedrale war jedoch keine schöne Geschichte gegönnt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten beim Bau der größten Kirche auf schottischem Boden wurde diese erst im Jahr 1318 durch Robert I. The Bruce ihrer Bestimmung übergeben. Aber bereits im Jahr 1561 wurde die Kirche durch die schottische protestantische Reformbewegung, maßgeblich unter John Knox, schwer beschädigt und im Anschluss aufgegeben. Die Reliquien des heiligen Andreas wurden dabei vermutlich zerstört. Wo man allerdings als protestantischer Geistlicher hinkommen kann, wenn man heilige Reliquien zerstört, sieht man an der Grabplatte des John Knox, die sich auf einem Parkplatz hinter St. Gilles in Edinburgh befindet. Das Kreuz von St. Andrews hingegen schmückt die schottische Nationalflagge und bleibt den Schotten so erhalten. Im Gegensatz zu John Knox.
Die überaus malerischen Reste von St. Rules und der St. Andrews Cathedral sind heute, umrahmt von einem alten Friedhof, am Ortsrand der gleichnamigen Universitäts- und Golfstadt zu sehen und zu fotografieren. Letzteres steht für unsere Ende September anstehende Tour auf dem Programm.
Photo: Google Earth